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Halbjahreszeugnisse to go

Halbjahreszeugnisse mal anders: Die Noten kommen durchs Autofenster

Marie Eckert 29. Januar 2021 um 18:04 Uhr

Kreis Heinsberg Die Ratheimer Realschule verteilt ihre Halbjahreszeugnisse to Go. Die Schulen müssen wegen Corona kreativ werden. Wie läuft das Homeschooling in der zweiten Welle?

Am Tag der Zeugnisausgabe ist alles ein bisschen anders. Meistens ist der Schultag verkürzt, manchmal sind danach Ferien. Die Stimmung ist eine spezielle. In Pandemie-Zeiten gehen einige solcher Stimmungen verloren, in Ratheim war die Zeugnisausgabe dennoch besonders. Die Schule hat sich eine Variante überlegt, die ein bisschen an das autobasierte Mitnahme-System von großen Fastfood-Ketten erinnert. Und es hat funktioniert. Am Freitag, dem Tag der Zeugnisausgabe, kommen Lehrer und Schulleiter zu dem Schluss, während sie im Pavillon stehen und Halbjahreszeugnisse verteilen. Das Zelt wurde als Ausgabe-Häuschen gegen den Schutz vor Regen umfunktioniert. Jede Klasse hatte ein Zeitfenster von 15 Minuten, Start um 8 Uhr morgens. Am Ende des Tages werden 550 Schülerinnen und Schüler ihre Zeugnisse bekommen haben. Zum Pavillon kamen die Schüler entweder zu Fuß, per Fahrrad oder zusammen mit den Eltern im Auto. Vor den Pavillon vorfahren, Fenster runter, Zeugnis und ein paar nette Worte des Klassenlehrers oder der Klassenlehrerin entgegennehmen, Fenster hoch und Abfahrt. Natürlich mit Mundschutz.

Zeugnisse mal anders: Mit Maske von der Klassenlehrerin durchs Autofenster gereicht. Foto:
MHA/Marie Eckert

Die Schulen in NRW sind seit Dezember geschlossen, schon wieder. Distanzunterricht und digitale Arbeitsblätter erschweren die Notenvergabe. Im vergangenen Halbjahr war die Phase des Präsenzunterrichts länger als während der ersten Welle im Frühjahr. Die Halbjahresnoten stützen sich also zum Großteil auf den normalen Unterricht, wie eine kleine Umfrage unter den weiterführenden Schulen im Kreis Heinsberg ergab. Sven Hagen, Schulleiter der Ratheimer Realschule, sagt, man habe ja gewusst, dass die zweite Welle kommen würde und im Hinblick auf Klausuren „auf die Tube gedrückt“. Man war besser vorbereitet als beim ersten Mal, als die Schulschließungen recht unerwartet und unvermittelt kamen. Das sagen auch zwei Schulleiter aus Erkelenz und Heinsberg. Anders als beim ersten Mal seien nun klare Vorgaben beim Homeschooling zu spüren, sagt Jörg Diepenthal, Schulleiter des Erkelenzer Cusanus-Gymnasiums. „Die Schüler sind verpflichtet, ihre Aufgaben einzureichen, die Lehrer müssen sie bewerten“, sagt er. Während des ersten Lockdowns basierte vieles auf Freiwilligkeit, das Lernpensum war nicht richtig vorgeschrieben, ebenso verhielt es sich mit der Leistungsbewertung.

Am Cusanus-Gymnasium habe man einen festen Stundenplan ab 7.30 Uhr, eine Mischung aus Video-Unterricht und Aufgaben, die die Schüler selbständig bearbeiten sollen. „Eine gute Tagesstruktur für die Schüler“, sagt Diepenthal. Das alles sei mitnichten ein Eins-zueins- Ersatz für den normalen Schulalltag. „Aber wesentlich besser als zu Beginn, als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht klar waren.“

„Kommt Unterrichten nahe“

Peter Ruske, Schulleiter der Gesamtschule Heinsberg-Waldfeucht, berichtet ebenfalls von der klaren Struktur und jedem digitalen Schulmorgen, der mit der Begrüßung durch den Klassenlehrer beginnt, wie sonst auch. Wie bei den Erkelenzer Kollegen gibt es keinen durchgängigen Frontalunterricht mit Bildern, sagt Ruske, sondern Aufgaben, in die der Lehrende einführt, bevor er anschließend vor dem Bildschirm bereitsitzt für Rückfragen. „Es kommt dem Unterrichten nahe, was wir da machen“, sagt er. „Und gleichzeitig fühlt es sich überhaupt nicht so an.“ Sven Hagen erzählt von schulinternen Fortbildungen der Lehrer in den Sommerferien, um fit für den Distanzunterricht zu werden. „Das Ganze läuft recht gut“, sagt er. Auch an der Realschule halte man sich an einen festen Stundenplan. Die Lehrer sind zur jeweiligen Schulstunde immer erreichbar, die Schüler sollen ebenfalls am PC sitzen, auch Videounterricht gibt es.

Genau wie seine beiden Kollegen weist er darauf hin, dass natürlich nicht alle Schüler dieselben technischen Voraussetzungen haben und dass man darauf Rücksicht nehmen muss, auch bei der Bewertung des Distanzunterrichts. „Pädagogisches Fingerspitzengefühl“ nennt Hagen das. „Keiner stolpert hier über Corona.“ Sehr wichtig beim Homeschooling sei ohnehin, dass die Kinder etwas zu tun haben und dass der Kontakt da ist. „Wenn auch nur über die Mattscheibe.“ Es gehe darum, Gelassenheit herüberzubringen, Ängste zu nehmen und die Schüler im Blick zu haben.

Zeugnisse mal anders

Am Tag der Zeugnisausgabe war der Kontakt auf jeden Fall da, zumindest kurz. In den Spitzenzeiten warteten auch schon mal fünf Autos hintereinander in der Hol- und Bringzone der Ratheimer Realschule, aber ein kurzes Gespräch mit dem Klassenlehrer oder der Klassenlehrerin gab es für jeden. Natürlich mussten auch seine Kollegen der anderen Schulen im Hinblick auf die Zeugnisübergabe kreativ werden. So erzählt Peter Ruske, wie man an der Gesamtschule in 30 Sekretariatsarbeitsstunden 922 Zeugnisse in Umschläge verpackt und verschickt hat. Bei Diepenthal am Cusanus-Gymnasium waren es mehr als 1300 Briefe. „Das war logistisch anspruchsvoll“, sagt der Erkelenzer Schulleiter. Und arbeitsaufwendig und teuer.

Störer im Online-Unterricht

Auch im Kreis Heinsberg torpedieren Unbekannte die digitalen Schulstunden. Bundesweit berichten Medien von Störern, die sich unerlaubt in die Videoprogramme, die zum Unterrichten genutzt werden, einwählen und die Schulstunden stören. Auch im Kreis Heinsberg haben es die Schulen mit solchen Problemen zu tun. Hintergrund ist, dass bei manchen der gängigen Programme nicht oder nicht nur mit personalisierten Zugängen gearbeitet wird, sondern mit Links, die den Zugang zu den virtuellen Klassenzimmern erlauben – auch Unberechtigten, wenn ihnen der entsprechende Link weitergegeben wurde. So geschehen zum Beispiel am Maximilian-Kolbe-Gymnasium in Wegberg. Dort mussten wegen solcher Vorfälle sogar die Videokonferenzen kurzeitig ausgesetzt werden. In einem Elternbrief der Schulleitung zu dem Thema heißt es, einzelne Schüler hätten den Link an Störer weitergeben können, „die die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Lehrkräfte durch das Hochladen auf TikTok massiv verletzt haben. Die Vorfälle waren höchst beleidigend und verstörend für die Kollegen“.

Peter Ruske, Schulleiter der Gesamtschule Heinsberg-Waldfeucht, berichtet von ähnlichen Vorfällen, bei denen sich Unbefugte mehrfach Zutritt zu den virtuellen Lernräumen verschafft und „herumgepöbelt“ hätten. „Das fühlte sich an wie Einbruch“, sagt Ruske. Um Kollegen und Schüler zu schützen, habe nun jeder einen personalisierten Zugang bekommen. Bei mindestens drei Klassen der Ratheimer Realschule weiß Sven Hagen, der Schulleiter, ebenfalls von derartigen Störungen. Die Anmeldelinks seien an Externe weitergegeben worden, der Unterricht sei gestört worden, etwa mit lauter Musik. Man habe auf die Eltern eingewirkt, Einfluss auf die Schüler zu nehmen und außerdem eine weitere technische Hürde in Form eines Codes eingebaut. Seitdem habe es zunächst keine Störungen mehr gegeben, sagt er.

An der Geilenkirchener Anita-Lichtenstein-Gesamtschule wurden die Zeugnisse nur den Schülern der Oberstufe persönlich übergeben – jeweils einzeln am Schulgelände, sagt die stellvertretende Schulleiterin Roswitha Steffens. Die Zeugnisse aller weiteren Jahrgangsstufen würden von der Stadt Geilenkirchen aus an die Schüler verschickt. Bei der Gesamtschule Selfkant-Gangelt gab es festgelegte Zeitfenster, in denen die Schüler die Zeugnisse in ihren Klassenräumen abholen konnten, unter Einhaltung der obligatorischen Hygiene-Regeln. Wie das Ganze bei den nächsten Zeugnissen in einem halben Jahr aussehen wird, ist ungewiss. Bis zum 12. Februar, so viel steht fest, wird der Distanzunterricht in NRW erst einmal fortgeführt. Hagen kann sich drei Varianten vorstellen: Distanzunterricht auch über diesen Tag hinaus, Wechselunterricht, bei dem immer nur ein Teil der Schüler physisch in der Klasse anwesend ist, oder eben ganz normalen Unterricht in den Klassenräumen. Konzepte für alle Möglichkeiten seien da, sagt er, man sei auf alles vorbereitet.

Quelle: https://www.aachener-zeitung.de/lokales/heinsberg/die-noten-kommen-durchs-autofenster_aid-55969225  aufgerufen am 30.01.2021